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„Eiffelturm des Ruhrgebiets“: Zeche Zollverein (1/3)

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ausschnitt einer roten Brücke

Glück auf, Glück auf; der Steiger kommt; und er hat sein helles Licht bei der Nacht…“ In den deutschen Kohlerevieren kennt diese altehrwürdigen, ursprünglich aus Sachsen stammenden Liedzeilen wohl jedes Kind. Ebenso bekannt dürfte das ikonische Fördergerüst der Zeche Zollverein in Essen sein.

 

Denn wenn man Menschen nach DEM „baulichen Symbol“ für den Steinkohlenbergbau fragt, bekommt man zumeist das als „Eiffelturm des Ruhrgebiets“ bezeichneten Fördergerüst der  Essener Zeche genannt. Die heute zum Weltkulturerbe der UNESCO zählende Anlage steht mit ihrer wechselvollen Historie für Wandel und Innovation zugleich. In einer kurzweiligen, dreiteiligen Serie wollen wir einen Blick über den „Tellerrand“ der beiden sächsischen Braunkohlereviere hinaus werfen und diesen ganz besonderen Ort vorstellen.

 

Teil 1: Schicht im Schacht

 

Während sich am 21. Dezember 2018 Millionen von Menschen in Deutschland auf die besinnlichen Weihnachtsfeiertage einstimmten, Geschenke packten und das Weihnachtsessen vorbereiteten, übergab vor den Augen von über 500 geladenen Gästen im Rahmen eines Festakts in Bottrop ein Bergmann das letzte Stück Steinkohle in der Geschichte des Steinkohlebergbaus an Bundespräsident Franz-Walter Steinmeier. Damit war das Ende einer Ära besiegelt. „Schicht im Schacht“ war eines der meist gebrauchten Zitate in dieser Zeit – inhaltlich treffend ja, aber es fasste bei weitem nicht die Tragweite dieser Zäsur; weder emotional, aber schon gar nicht bezogen auf den Wandel, der mit dem Ausstieg aus der Steinkohle für viele Bergbauregionen Deutschlands einher gehen sollte.

 

Blättert man in den Geschichtsbüchern und Zeitungsarchiven, finden sich bereits Mitte der 60er Jahre erste Meldungen über den Ausstieg aus der Steinkohle. Schon damals bahnte sich langsam die Erkenntnis an, dass der Unter-Tage-Bau, der in den Jahrzehnten zuvor der Motor Deutschlands, speziell der Industrie, gewesen war, in nicht allzu ferner Zukunft enden würde. Zuvor war 1956/57 der Höhepunkt erreicht, deutschlandweit arbeiteten rund 607.000 Menschen im Steinkohlebergbau, allein im Ruhrgebiet sind es etwa eine halbe Million Menschen. 150 Tonnen Kohle wurden zu diesem Zeitpunkt gefördert, 82 % davon in den Zechen des Ruhrgebiets. Dann kam die Kohlekrise und mit ihr die ersten Zechenschließungen. Innerhalb von nur einer Dekade wurden über 100 Zechen geschlossen. An nur noch knapp 70 Orten wurde Steinkohle 1967 gefördert. Der Staat subventionierte die Kohle und versuchte Arbeitsplätze zu erhalten, aber das Ende dieser Ära war schon nicht mehr aufzuhalten.

 

2007 fällt die Bundesregierung unter Bundeskanzler Gerhard Schröder die endgültige Entscheidung zum Steinkohle-Aus: Nach 2018 sollte es keine staatlichen Subventionen mehr geben. Diese Entscheidung besiegelt auch das Ende der letzten acht Zechen. Zuerst traf es die Zechen Walsum (Duisburg), Lippe (Gelsenkirchen) und Ost (Hamm), ehe am 30. Juni 2012 im Bergwerk Saar in Ensdorf der letzte Kumpel den Schacht verließ und somit im Saarland die Geschichte des Bergbaus endete.

 

2018 erlebte dies das Ruhrgebiet dann mit den Schächten Prosper Haniel (Bottrop) und Anthrazit (Ibbenbüren). Wo früher einst Fördergerüste, die größeren Kokereien und Industrieanlagen und zahlreiche Zechensiedlungen das Bild prägten, drohten Leerstand, Verfall und Perspektivlosigkeit. Manches wurde abgerissen und zurückgebaut, anderes umgenutzt und das eine oder andere Erinnerungsstück der Nachwelt erhalten. Es sind Zeitzeugnisse einer Ära, die einer ganzen Region Identität gaben und nun die Erinnerungen an das einstige „Schwarze Gold“ lebendig halten sollten. Erinnerungskultur traf an vielen Stellen auf Innovation – so auch in der Zeche Zollverein in Essen. Wer den Kindern, Enkeln oder Ur-Enkeln zeigen möchte, was die Steinkohle ausmachte, kommt heute an einem Besuch der Zeche nicht mehr vorbei. Das Industriedenkmal, dessen Schachtanlagen teilweise zum UNESCO-Weltkulturerbe ausgerufen wurden, ist das Denkmal des Steinkohlebergbaus schlechthin.