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Gesine Sommer im Strukturwandel-Interview

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auf der rechten Seite ist eine Frau abgebildet und auf der Linken Seite steht ein Zitat von ihr

Gesine Sommer ist Leiterin der Stabstelle für Wirtschaftsförderung und Kreisentwicklung im Landkreis Leipzig. Als enge Mitarbeiterin von Landrat Henry Graichen ist Sie zentral in die Strukturentwicklungsprozesse eingebunden. Mit Ihr haben wir über 2021 und kommende Herausforderungen gesprochen…

 

Frau Sommer, wenn Sie auf das Jahr 2021 zurückblicken, wie fällt Ihr Fazit zum laufenden Strukturwandel im Mitteldeutschen Revier aus?

 

Das Jahr 2021 war vor allem geprägt dadurch, die Umsetzung des für uns alle neuen Strukturstärkungsgesetzes einschließlich der RL InvKG auf den Weg zu bringen. Dies auch unter Einbeziehung aller Beteiligten. Aus diesem Prozess haben wir gelernt, und nun geht es darum die Erkenntnisse in die Prozesse der nächsten Jahre einzubringen. Die letzten beiden Jahre haben aber auch gezeigt, wie vielfältig der Prozess des Strukturwandels sein wird und dass man sich immer auf neue Randbedingungen einstellen muss.

 

 

Wenn man die Medienlandschaft zum Thema Strukturwandel etwas intensiver verfolgt, kann man den Eindruck gewinnen, dass im Mitteldeutschen Revier mit einer großen Einigkeit und Ruhe agiert wird. Wie schaffen Sie es, die vielen Befindlichkeiten, die es zu dieser Thematik ja durchaus gibt, zu einen und zu fokussieren?

 

Als Landkreis nehmen wir im Prozess des Strukturwandels schon von Anfang an eine zentrale Rolle ein. Das Thema beschäftigt uns ja nicht erst seit Inkrafttreten des Strukturstärkungsgesetzes/Kohleausstiegsgesetz 2020, sondern bereits seit 2016. Gemeinsam mit dem Regionalen Planungsverband Leipzig-Westsachsen haben wir in der durch die Europäische Metropolregion Mitteldeutschland geleiteten Projektgruppe „Innovation im Revier“ aktiv mitgewirkt.

 

Uns war es von Anfang an wichtig, gut nach innen und nach außen zu kommunizieren, und die Belange gerade aus den Kommunen und den stark betroffenen Unternehmen ernst zu nehmen. Hierzu haben wir unsere vorhandenen Strukturen und Kommunikationsmedien genutzt. Auch der Kooperationsgedanke zwischen den Kommunen wird seit diesem Zeitpunkt in unserem Landkreis verstärkt gelebt und in zahlreichen Projekten umgesetzt. Dadurch haben wir es geschafft gemeinsam nach außen aufzutreten. Das heißt aber nicht, dass nicht auch im Mitteldeutschen Revier diskutiert wird und nicht alle immer derselben Meinung sind.

 

 

Für viele Menschen bedeutet Strukturwandel in erster Linie das Schaffen neuer Arbeitsplätze, dabei ist das Thema ja viel breiter zu betrachten. Ein großes Thema wird zunehmend sein, die Menschen nach dem Ausstieg aus der Kohleverstromung in der Region zu halten und den Zuzug zu verstärken, um Fachkräfte zu gewinnen. Wie gehen Sie dieses Thema an oder setzen Sie hier auf die Strahlkraft der Metropole Leipzig?

 

Wir haben im Landkreis ein im Jahr 2019/2020 fortgeschriebenes Kreisentwicklungskonzept mit Laufzeit 2030. Eines der Schlüsselvorhaben in dem Kreisentwicklungkonzept ist die aktive Begleitung des Strukturwandels. In diesem Vorhaben gehen wir auch auf das Thema Fachkräftemangel ein und verfolgen hier verschiedene Projekte. Wichtig ist es uns auch, die Kommunen und Unternehmen dabei zu unterstützen, für die nächste Generation attraktiver zu werden. Die Metropole Leipzig ist hier ein wichtiges Zugpferd, aber wir setzen auch auf die Stärkung des ländlichen Raumes.

 

 

Wir sprachen vor einiger Zeit mit einer Jugendorganisation aus dem Leipziger Raum. Dort wurde uns geschildert, wie kontrovers gerade unter den jungen Menschen diese Diskussionen um den Strukturwandel geführt werden: Einerseits die jungen Menschen, die sich für den Umwelt- und Klimaschutz aktiv engagieren, andererseits Jugendliche bzw. junge Erwachsene, die ihre Ausbildung noch im Bergbau oder den angeschlossenen Industrien absolvieren oder abgeschlossen haben und dort arbeiten. In diesem Gespräch schilderte man uns, dass es von enormer Bedeutung sein wird, beide Seiten miteinander ins Gespräch zu bringen, um Verständnis zu erzeugen für die Position des jeweils anderen. Erleben Sie das auch und wie wollen Sie hierzu agieren?

 

Es ist richtig, dass alles, was wir heute anfangen und planen gerade für die Generation von Bedeutung sein wird, die 2038 ihr Berufsleben startet. Viele von den Akteuren und Verantwortlichen heute werden dann ihr Berufsleben hinter sich haben und im Ruhestand sein.Aus diesem Grund haben alle an dem Prozess Beteiligten eine hohe Verantwortung. Hierzu gibt es bereits einige Beteiligungsformate, die aber aus meiner Sicht noch besser miteinander vernetzt werden könnten. Auch muss man schauen, was überhaupt von den Wünschen umsetzbar ist. Hier wird in den nächsten Jahren noch einiges zu tun sein.

 

 

Der Strukturwandel endet aber bekanntlich auch nicht an der Landesgrenze, sondern Sie haben sicherlich auch einen regen Austausch mit dem Land Sachsen-Anhalt. Welche Formate und Wege haben Sie, sich mit den sachsen-anhaltinischen Nachbarn auszutauschen? Gibt es Projekte, die Sie im Schulterschluss betreiben oder ist das verfahrenstechnisch schwierig?

 

Die Europäische Metropolregion Mitteldeutschland, in der der Landkreis Leipzig als auch die Landkreise in Sachsen-Anhalt des Mitteldeutschen Reviers Mitglied sind, war 2016 Mitinitiator für die bereits erwähnte Projektgruppe „Innovation im Revier“. Die Unterzeichnung der Zweckvereinbarung 2018 war der Startschuss für gemeinsam auf den Weg gebrachte Projekte aus dem Förderprogramm des Bundes und auch die Erarbeitung länderübergreifender Studien für die Entwicklung eines gemeinsamen Revierkonzeptes. Ich würde mir die Einbeziehung der Europäischen Metropolregion Mitteldeutschland mit all Ihren Erfahrungen und Netzwerkpartnern in den Prozess der Umsetzung des Strukturstärkungsgesetzes noch mehr wünschen.Ich glaube auch in der länderübergreifenden Zusammenarbeit sollten Prozesse und Abstimmungen noch mehr verstätigt werden.

 

 

Nun ist der Strukturwandel selbstverständlich ein Prozess, der über viele Jahre gehen und nicht mit dem Ablauf dieses Jahres abgeschlossen sein wird. Welche Ziele setzen Sie sich für die nahe, aber auch ferne Zukunft? Haben Sie hier Schwerpunkte, auf die Sie setzen wollen?

 

Ein wichtiges Ziel für das nächste Jahr ist auf jeden Fall die Unterstützung der Kommunen, die mit ihren Projekten aus der Richtlinie InvKG zur Umsetzung dieser ausgewählt wurden. Diese müssen an den Start und in die Umsetzung gehen. Als langfristiges Ziel sehe ich hier, gemeinsam mit der kommunalen Ebene weitere zukunftsorientierte Projekte zu entwickeln.

 

 

Vielen Dank für das Gespräch, Frau Sommer!