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Interview mit SAS-Geschäftsführer Jörg Mühlberg
Am 21. April 2020 wurde Jörg Mühlberg vom sächsischen Staatsminister für Regionalentwicklung, Thomas Schmidt, zum Geschäftsführer der landeseigenen Strukturentwicklungsgeselschaft bestellt. Im Interview blickt er zurück auf das erste Jahr der SAS.
Herr Mühlberg, im April hatten Sie einjähriges Jubiläum bei der SAS, einem sehr jungen Unternehmen, das mit enorm wichtigen Aufgaben rund um den Strukturwandel Sachsens betraut worden ist. Mit welchen Gedanken schauen Sie auf Ihr erstes Jahr zurück?
Durchweg positiv. Dass es eine spannende Aufgabe ist, war mir bewusst. Für Sachsen und die Menschen hier ist es auch eine Sinn stiftende. Das macht uns natürlich etwas Druck, aber ist auch enormer Ansporn. Wir haben seit April des letzten Jahres neben der Bearbeitung der ersten Projekte des Strukturwandels auch noch ein Team für die SAS finden und formen müssen, das nun im zweiten Jahr komplett ist und sich den sich stellenden Aufgaben umfassend widmen kann.
Klingt nach vielen Herausforderungen, die es im ersten Jahr zu bewältigen gab.
Das war mir bewusst und habe ich nie als Last empfunden. Um die vielfältigen Aufgaben des Strukturwandels in unseren beiden Braunkohletagebaugebieten angemessen bewältigen zu können, haben wir uns nun sehr gut aufgestellt, haben ein überaus motiviertes Team zusammengestellt, das sich mit großem Einsatz an die Sache gemacht hat. Als Letztes ist Anfang Mai mein Geschäftsführerkollege Prof. Dr. Norbert Menke mit an Bord gekommen. Über diese Unterstützung freue ich mich sehr.
Was bleibt Ihnen besonders aus diesem ersten Jahr in Erinnerung?
Wie alle anderen in Deutschland haben wir natürlich auch die Corona Pandemie gespürt. Ich bin es eigentlich gewöhnt, mit den Entscheidungsträgern in den Kommunen Auge in Auge zu sprechen. Bisher waren aber zumeist nur Videokonferenzen möglich. Das ist schon eine enorme Umstellung gewesen. Die direkten, persönlichen Gespräche sind qualitativ sicher nicht besser zu bewerten, als wenn wir über Videokonferenzen tagen. Aber es fühlt sich einfach anders an, wenn man mit einem Menschen direkt an einem Tisch sitzt und spricht. Da bin ich vielleicht etwas old-school, aber es gibt ja viele Menschen, die das ähnlich empfinden.
Haben Sie den Eindruck, dass Corona den Strukturwandel ausgebremst hat?
Nein. Sicherlich hat die Pandemie die Prozesse nicht beschleunigt. Aber dass manches etwas länger gedauert hat, als sich der eine oder andere Projektträger das erhofft hat, daran hatte Corona nur unwesentlichen Anteil. Vielmehr muss man so ehrlich sein und sagen, dass ein so großes Gesamtprojekt, wie es der Strukturwandel ist, etwas Zeit braucht, um in Fahrt zu kommen. Zu Beginn unseres Engagements waren die ganzen Prozesse beispielsweise noch nicht klar definiert. Da sind wir heute wesentlich weiter als vor einem Jahr.
Sie spielen damit auf die neue Fördermittelrichtlinie an?
Zum Beispiel. 2020 war der Ablauf nach dem Einreichen eines Projektes noch ein anderer, als wenn uns 2021 ein Projekt zur Prüfung der Förderfähigkeit und Förderwürdigkeit auf den Tisch gelegt wird. Auch die Frage nach dem “was kann überhaupt gefördert werden?” ist inzwischen klar definiert, sodass es für die Verantwortlichen in den beiden Revieren einfacher wird, Projekte entsprechend vorauszuwählen und auszuarbeiten. Zudem haben sich Ende April die beiden Begleitausschüsse konstituiert. Sie haben im Juni zum ersten Mal getagt und sich mit den aktuellen Projekten intensiv beschäftigt. Insgesamt konnten in den ersten beiden Sitzungen 58 kommunale Strukturwandelprojekte positiv beschieden werden.
Das klingt so, als würde der Strukturwandel nun an Fahrt aufnehmen?
Das hat er bereits. Aber zur Wahrheit gehört auch, dass wir noch jede Menge Arbeit vor uns haben. Ich habe aber das gute Gefühl, dass wir hier etwas für die Zukunft Sachsens aktiv tun können. Ich sehe uns hierbei als Dienstleister der Kommunen, Landkreise und auch des SMR, um den Strukturwandel aktiv nach vorn treiben zu können. Wir alle arbeiten daran, dass die Menschen auch nach dem Kohleausstieg eine Perspektive haben und sich in Sachsen wohlfühlen können. Ich hoffe, wir werden schon in Kürze die ersten positiven Effekte erleben, wenn die allerersten Projekte, die nun sukzessive umgesetzt werden, fertiggestellt sind und ihre Wirkung entfalten können. Dann wird für die Menschen in den Regionen der Strukturwandel auch sicht- und greifbar und nicht bloß als ein Lippenbekenntnis wahrgenommen.
Nehmen Sie eine Skepsis wahr unter den Bewohnern der Sturkturwandelregionen?
Ja, aber das ist doch verständlich. Es geht hier um weitreichende Entscheidungen mit großen Folgen für die beiden Reviere. Dass die Menschen da genau nachfragen, manchmal vielleicht auch skeptisch und ungeduldig sind, halte ich für vollkommen nachvollziehbar. Das ist das gute Recht der Menschen vor Ort. Da nicht jedes Projekt auch realisiert werden kann, wird es sicher oft zu Enttäuschungen kommen. Unterm Strich bin ich dennoch optimistisch, dass uns gemeinsam der Strukturwandel, wenn wir ihn mit Nachdruck, aber auch Umsicht und Vernunft gestalten, gelingen wird. Die derzeit vorherrschende Skepsis wird dann auch einer Zuversicht weichen. Im Übrigen ist die Skepsis auch ein Garant, nur wirklich den Strukturwandel tragende Projekte in die regionalen Begleitausschüsse zu bringen. Einfach Investitionsrückstau mit kommunalen Maßnahmen zu beseitigen, bringt keinen Strukturwandel. Insofern ist eine gesunde Skepsis zielführend.
Wenn Sie nach vorne schauen und Wünsche für das kommende, das zweite Jahr der SAS äußern dürften, welche wären das?
Ganz klar, dass wir die ersten Projekte auf die Bahn gesetzt haben und diese realisiert werden.
Vielen Dank für das Gespräch, Herr Mühlberg.
Bild: Portrait Jörg Mühlberg © Sächsisches Staatsministerium des Innern, Isabelle Starruß