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SAS-Geschäftsführer Prof. Dr. Norbert Menke im Interview

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auf der linken Seite ist ein Mann abgebildet und auf der rechten Seite ist ein Zitat von ihm

Seit 100 Tagen ist Prof. Dr. Norbert Menke neben Jörg Mühlberg Geschäftsführer der Sächsischen Agentur für Strukturentwicklung GmbH. Im Interview schildert der gebürtige Sauerländer seine ersten Eindrücke und blickt auf kommende Aufgaben in den beiden sächsischen Braunkohlerevieren.

 

Herr Prof. Menke, Sie sind nun 100 Tage als Geschäftsführer der Sächsischen Agentur für Strukturentwicklung (SAS) im Amt – Zeit, ein erstes Fazit zu ziehen und in die Zukunft zu blicken. Wie sind Sie aufgenommen worden bei der SAS?

Ich bin sehr herzlich, offen und sicher auch mit Neugier empfangen worden. Vom ersten Tag habe ich mich sehr wohlgefühlt. In den ersten Wochen ging es natürlich darum, die Menschen bei der SAS kennenzulernen – ihre Erfahrungen, ihre Geschichten, aber auch den Grund, weshalb sie sich dem Thema „Strukturwandel“ verbunden und vielleicht sogar verpflichtet fühlen. Ich habe ein ganz vielfältiges Team kennengelernt, interdisziplinär mit breit gefächerten Erfahrungen, die mehrheitlich aus den Strukturwandelregionen kommen und sich für eine gute Entwicklung dort einbringen wollen.

 

Bei Ihrem Antritt war mit Jörg Mühlberg bereits ein Geschäftsführer seit gut einem Jahr für die SAS tätig. Wie waren Ihre ersten gemeinsamen Wochen?

Der positive Eindruck, den ich aus den Gespräche bereits vor meiner Bestellung gewinnen konnte, hat sich nochmals verstärkt. Wir haben seit Mai nun sehr viel Zeit miteinander verbracht, uns gut kennengelernt und viel Vertrauen aufgebaut. Fachlich ergänzen wir uns sehr gut und decken so die breite Palette an Anforderungen ab, die an die SAS gestellt werden. Wir haben – aus unterschiedlicher Perspektive – einen gemeinsamen Standpunkt zur Entwicklung der SAS und ihrer Rolle im Strukturwandel. Das ist eine sehr gute Grundlage für unsere Zusammenarbeit.

Jörg Mühlberg bringt viel Erfahrung und ein breites Netzwerk in die SAS ein. Es ist sein Verdienst so eine engagierte Mannschaft für die SAS gewonnen zu haben, die sich stark mit ihrer Aufgabe identifiziert. Zudem hat er der SAS von Beginn an zu einer breiten Wahrnehmung in der Öffentlichkeit verholfen. Das gilt es nun mit vereinten Kräften weiterzuentwickeln.

 

 

Bei der SAS dreht sich alles um den Strukturwandel in der Lausitz und im Mitteldeutschen Revier. Für beide Regionen müssen in den kommenden Jahren wegweisende Entscheidungen getroffen werden. Wie fühlt es sich an, Teil dieses bedeutsamen Prozesses zu sein?

Das ist eine große Verantwortung und Verpflichtung zugleich. So wie viele Kolleginnen und Kollegen in der SAS habe auch ich eine besondere Motivation, mich in den Strukturwandel in den sächsischen Revieren einzubringen. Seit über 20 Jahren bin ich beruflich in Ostsachsen und der Region Leipzig verortet, in der Energie- und Verkehrswirtschaft sowie im Umweltbereich tätig. Land und Leute liegen mir am Herzen. Für mich persönlich schließt sich mancher Kreis. Ich freue mich, dass ich an verantwortlicher Stelle meine Kompetenz und Erfahrung für eine nachhaltige Entwicklung einbringen kann. Natürlich ist dies mit enormen Anstrengungen verbunden, aber es ist auch ein einmalige Chance, etwas Zukunftsfähiges mitzugestalten.

 

 

Welche Akzente wollen Sie setzen mit Ihrem Wirken bzw. wo liegen die Schwerpunkte Ihrer Arbeit?

Wie bereits gesagt, muss es unser aller Ziel sein, dass wir eine nachhaltige Entwicklung in Gang bringen, die im besten Sinne Wirtschaft, Klimaschutz und soziale Belange in Einklang bringt. Sachsen kann gestärkt aus dem Strukturwandel herauskommen. Die Voraussetzungen dafür haben sich mit dem Strukturstärkungsgesetz deutlich verbessert. Natürlich ist eine wichtige und naheliegende Frage, wie Sachsen ein Energieland bleibt – auch nach dem Ausstieg aus der Braunkohleverstromung. Für die Energiewelt der Zukunft müssen Wasserstoff, erneuerbare Energien, Kreislaufwirtschaft und Digitalisierung zusammen gedacht und vorangebracht werden. In allen Bereichen hat Sachsen viele zu bieten. Eine starke Hochschullandschaft, innovative Unternehmerinnen und Unternehmer und Entwicklungsflächen in beiden Revieren.

Wir können mit den Strukturmitteln helfen, dass vorhandene Infrastrukturen modernisiert und neue Möglichkeiten der wirtschaftlichen Entwicklung geschaffen werden. Besonders wichtig ist wirtschaftsnahe Infrastruktur. Einerseits zur Entwicklung vorhandener Unternehmen. Andererseits zur Einrichtung von Reallaboren und Ansiedlung neuer Unternehmen. Meine Stärken liegen auf der Nahtstelle von Wirtschaft, Technik und Wissenschaft.

Bedeutsam sind in diesem Zusammenhang auch die beiden geplanten Großforschungszentren, die auf den Strukturwandel des jeweiligen Reviers ausstrahlen. Maßnahmen der Strukturentwicklung von kommunaler Seite wie auch vom Freistaat müssen diese Entwicklung bedarfsgerecht und passfähig unterstützen. Dazu dürfen wir nicht außer Acht lassen, dass auch die Lebensqualität in den Regionen eine wichtige Rolle für einen erfolgreichen Strukturwandel spielen wird.

 

 

Sie sprechen das Thema Lebensqualität an. Sie waren in den letzten Wochen viel unterwegs und haben wichtige Entscheider und Personen in den Revieren getroffen, haben sicherlich auch in den Regionen Eindrücke sammeln können. Was hat Sie nachhaltig beeindruckt?

Das Engagement der Menschen in den Revieren. Davon zeugt einerseits die Vielzahl an Projekten, die auf Ebene der Landkreise und Kommunen angestoßen worden sind. Andererseits belegt das Engagement der zivilgesellschaftlichen Gruppen und Interessenvertretungen, die nicht zuletzt in den regionalen Begleitausschüssen am Strukturwandel mitwirken, diesen Umstand. Ich bin überzeugt, dass die Menschen in den Revieren den Wandel zunehmend als Chance begreifen und Vertrauen in den Prozess aufbauen. Dabei kann die SAS durch ihre Arbeit vor Ort einen wichtigen Beitrag leisten.

Ganz objektiv betrachtet: Sachsen hat ein enormes Potenzial. Sowohl in den eben angesprochenen Bereichen der Wirtschaft und Wissenschaft, aber auch in Themen, die die Lebensqualität betreffen wie beispielsweise Kultur, Kunst, aber auch Gesundheit. Unsere Aufgabe ist es jetzt, auf dieser Basis den Menschen zuzuhören, sie einzubinden und Lösungen zu finden, um allen Anforderungen, die der Strukturwandel nun an die Regionen stellt, gerecht werden zu können.

Wichtig ist mir in diesem Zusammenhang auch, dass wir klar vermitteln, dass es sich um einen langfristigen Prozess handelt bei dem die Grunsätze gelten: „Klasse vor Masse“ und „Qualität vor Schnelligkeit“. Es gilt, die Vorhaben auszuwählen und zu priorisieren, die den Zielen des Strukturwandel besonders dienlich sind. Dazu ist in meinen Augen auch die interkommunale Kooperation bedeutsam – innerhalb der Reviere und auch über die Landes- und Bundesgrenzen hinweg. Dies gilt in besonderer Weise für die Lausitz, als ein Vernetzungsraum in zentraler europäischer Lage und Nachbarschaft zu Tschechien und Polen.

 

 

Wenn wir uns mit dem Strukturwandel beschäftigen, kommen wir an den globalen Herausforderungen des Klimawandels nicht vorbei. Wo sehen Sie hier Ansätze, beides in Einklang zu bringen?

Die aktuellen Ereignisse zeigen uns ganz deutlich auf, dass der Klimawandel bereits im vollen Gange ist. Starkwetterereignisse und Flutkatastrophen treten in immer kürzeren Zeitabständen auf, das lässt sich nicht mehr weg diskutieren. Die Verschärfung der Klimaziele in Europa ist grundsätzlich richtig, auch wenn wir alle natürlich wissen, welche enormen Herausforderungen auf die Schlüsselindustrien in Deutschland zukommen. Wir müssen gemeinschaftlich Lösungen finden, den Wohlstand zu mehren und klimaneutral zu werden, ohne Einbußen bei der Versorgungssicherheit zu erleiden. Sachsen und Mitteldeutschland können und sollten eine führende Modellregion sein für eine wirtschaftlich erfolgreiche Transformation hin zur Klimaneutralität. In vielen Bereichen gibt es bereits heute Ansätze dafür: Ostdeutschland ist beispielsweise die weltweit führende Region in der Nutzung erneuerbarer Energie. Ebenso erwähnt werden muss die batterieelektrische Mobilität in Deutschland, auch hier gehören wir zu den diese Entwicklung prägenden Nationen, was die industrielle Basis im Land schon gestärkt hat, aber auch künftig weiter bestimmen wird.

Weitere zukunftsfähige Handlungsfelder sind der Aufbau einer industriellen Wasserstoffwirtschaft, der Ausbau der Kreislaufwirtschaft mit Fokus auf Zukunftsthemen wie der Wiederverwertung von Verbundfaserstoffen oder Batteriezellen. Und schließlich bietet die Gesundheitswirtschaft enorme Potentiale für Beschäftigung und Wertschöpfung.

Nicht außer Acht lassen darf man allerdings, dass in allen Bereichen die Digitalisierung und Mikroelektronik eine zentrale Rolle spielt. Auch dem müssen wir weiter gerecht werden, denn Klimaschutz erfordert Hochtechnologie und der Strukturwandel bietet Sachsen die Chance, im Hinblick auf den Klimaschutz vorhandene Stärken weiter auszubauen und zukunftsfähige Wirtschaftsbereiche zu erschließen.

 

 

Wo sehen Sie die Rolle der SAS in diesem Prozess genau?

Die SAS ist ein landespolitisches Gestaltungsinstrument zur Strukturentwicklung. Das Unternehmen handelt im Auftrag der Landespolitik unter den Maßgaben der unterschiedlichen Ressorts mit dem Ziel, den Prozess des Strukturwandels positiv zu begleiten: von der Idee zu einem Projekt bis hin zur erfolgreichen Realisierung. Wir helfen den Projektträgern, eine Idee verfahrenssicher in praktisches Handeln zu überführen und achten hierbei auf den Beitrag der Projekte zu den landespolitischen Entwicklungsschwerpunkten. Als Kompetenzzentrum für Strukturentwicklung ist die SAS Partner für alle politischen Ressorts. Andererseits agiert das Unternehmen als Förderlotse und Programmberater für Kommunen und Landkreise in ihrer Rolle als Projektträger im Strukturwandelprozess.

 

 

Viele Menschen in den Revieren sorgen sich darum, ob der Strukturwandel gelingen kann und wird. Was möchten Sie diesen Menschen sagen?

Der Strukturwandel kann nur gelingen mit den Menschen vor Ort. Er bietet die Chance für gute Arbeit in zukunftsfähigen Wirtschaftsbereichen und die Verbesserung der Lebensqualität. Der politische Wille und die finanzielle Unterstützung, die Reviere zukunftsfest umzugestalten, waren wohl nie größer als heute und sind wichtige Grundlagen, damit der Strukturwandel gelingt. Noch wichtiger ist das Vertrauen der Menschen in diese Entwicklung und deren Engagement für diesen Veränderungsprozess. Wir wollen kurzfristig gute Projekte in die Umsetzung bringen, die den Wandel erkennbar machen. Genauso wichtig ist allerdings auch eine mittel- und langfristige Perspektive, die aufzeigt, wohin der Strukturwandel geht. Als SAS wollen wir diesen Prozess begleiten und mitgestalten: Gemeinsam mit den Menschen vor Ort, den Kommunen und Landkreisen, sowie im Einklang mit den Maßgaben der Landespolitik.

 

Vielen Dank für das Interview, Herr Menke!

 

Bild: Portrait Norbert Menke © Sächsische Agentur für Strukturentwicklung GmbH